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Chronik der evangelischen Kirchengemeinde Palmbach

Jubiläum zum Kirchenbau der Evangelische Kirchengemeinde Palmbach - Stupferich


100 Jahre Waldenserkirche Palmbach 1906 - 2006

Vortrag zum Festgottesdienst von Pfarrer i. R. Bertold Augenstein,
1971 - 1982 Pfarrer in Palmbach und Stupferich, (sowie bis 1978 in Untermutschelbach), g
ehalten am Sonntag, 16. Juli 2006 in Palmbach

Dieser Text wurde uns freundlicherweise von Herrn Pfarrer i. R. Bertold Augenstein zur Verfügung gestellt.


Verehrte Festgäste, liebe Palmbacher,

als ich im vergangenen Jahr von Frau Pfarrerin Dr. Ritter angefragt wurde, ob ich bei der 100- Jahrfeier der Palmbacher Kirche im Juli 2006 eine Kirchenführung machen möchte, habe ich zugesagt.Inzwischen sind 24 Jahre vergangen, dass meine Frau, unsere Tochter Christina und ich Palmbach verlassen haben. Doch die Verbundenheit mit dem Ort und der Kirchengemeinde ist geblieben. Wenn ich heute eine Kirchenführung mit Ihnen mache, ist das eine Angelegenheit, die u. U. rasch erledigt sein könnte, denn sehr viel zu sehen, gibt es da nicht gerade. Doch vielleicht könnten es die Palmbacher selber sein, die heute ihre Kirche ein wenig anders betrachten. Es gibt ja auch sonst Dinge, an die man sich so gewöhnt hat, dass es selbstverständlich scheint, dass es sie gibt.

Doch nun zur Sache:

Wer heute in die "Täler", die ursprüngliche Heimat der Waldenser und damit auch der Palmbacher (und Untermutschelbacher) kommt und die dortigen Kirchen der Waldenser sieht, könnte meinen, dass es sie schon immer gegeben hat. Das aber ist nicht der Fall; denn die römisch-katholische Kirche sah in den Waldensern eine "Sekte", die es mit allen Mitteln zu bekämpfen galt. Daher hat Rom sie nicht nur verboten, sondern verfolgt, sodass es in den Tälern um Torre Pellice, westlich Turins, keine Gemeinde gibt, wo nicht Menschen ihres "biblischen Glaubens" wegen Nachteile hatten. Als es immer schlimmer wurde, weil die Nachstellungen an Umfang und Härte zunahmen und nicht wenige Waldenser das Leben lassen mussten, sahen sich viele gezwungen, die geliebte Heimat zu verlas­sen, doch hielten sie am Glauben fest! Das war auch das Los der waldensischen Vorfahren Palmbachs.

23 Familien waren es, die 1701 Grünwettersbach zugewiesen wurden und zwischen Grünwettersbach und Stupferich eine Siedlung / Kolonie gründeten, der sie den Namen ihres früheren Heimatortes "La Balme", zu deutsch "Zuflucht", gaben. Ihrer Sprache wegen, sie sprachen französisch, nannte man sie "die Welschen". Dies trug wesentlich dazu bei, dass sie längere Zeit unter sich blie­ben, sich isolierten, auch was ihr gottesdienstliches Leben betraf. Da sie anfangs nur das Allernötigste hatten, das, was sie aus ihrer Heimat mitgebracht hatten, war an den Bau einer Kirche zunächst nicht zu denken.

Dies änderte sich als Jaques Resplendin 1720 die Pfarrei "La Balme" übernahm. Dieser richtete 1724 die vom Dekan in Wildbad und dem Vogt zu Neuenbürg gemeinsam unterstützte Bitte an den Herzog von Württemberg um Bewilligung eines Sammelpatentes, durch welches der Waldensergemeinde "La Balme" die Erlaubnis erteilt wurde, zum Bau einer Kirche in den angrenzenden Ländern Gaben zu sammeln. Gleichzeitig hielt der Pfarrer eine Versammlung der Familienhäupter ab, in der beschlossen wurde, zwei (vom Vogt zu Neuenbürg zu verpflichtende) Gemeindeglieder zunächst in die Schweiz und dann auch in andere Länder zum Zwecke einer Kollektenreise zu senden.

Am 14. Dezember 1724 fuhren dann die beiden Collekteure: Jean Jourdan und Pierre Bounin, in die Schweiz ab. Nach ihrer Rückkehr, am 12. Februar 1725, legten sie Rechnung über den Erfolg ihrer Reise ab. Nach Abzug der ihnen gewährten Spesen/Unkosten ergab sich ein Betrag von 324 Gulden und 9 Kreuzern. Der Ertrag ihrer zweiten Reise - diesmal nach Holland - wurde leider nicht festgehalten, so dass man nichts darüber weiß. Nachdem der Kostenvoranschlag des Busenbacher Zimmermanns (ohne Namen­nennung) in Höhe von 324 Gulden und 20 Kreuzern durch den herzoglichen Kirchenrat genehmigt war - eine ganze Reihe von Leistungen wurden durch die Gemeindeglieder von La Balme freiwillig und ohne Löhnung erbracht -, begann man mit dem Bau der ersten Palmbacher Kirche, ganz in der Nähe der jetzigen Kirche. (Die Vergabe der Bauarbeiten erfolgte im Akkord).

kirche-palmbach-1725.JPGDer Grundstein der Kirche wurde am 11. Juli 1725 gelegt, die Einweihung geschah am 25. November desselben Jahres.

Welche Festlichkeiten mit der damaligen Grundsteinlegung und der nachfolgenden Einweihung verbunden waren, ließ sich leider nicht ermitteln. Doch darf angenommen werden, dass der Bau der Kirche und ihren Indienstnahme ein herausragendes Ereignis war, das die Waldensergemeinde La Balme und die anderen Schwestergemeinden mit Dank und großer Freude erfüllte. Noch heute erinnern zwei Holztafeln an dieses wunderbare Ereignis. (Sie können sich nachher die beiden Tafeln, links und rechts hinter dem Altar an der Wand des Chores in Ruhe betrachten!)

Ich zitiere den Text der ersten Tafel (französisch) ins Deutsche übersetzt: "Die Kirche ist erbaut worden durch den Beistand Gottes und unter der Huld Seiner Hoheit, dem gnädigen Herzog von Württemberg, der Niederlande und der Schweizerkantone, unter Verwaltung des Herrn E. Friedrich Binder, Amtmann von Neuenbürg ...". - "Am 11. Juli 1725 ist die Weihe der Fundamente vollzogen worden, am 25. November 1725 ist die Weihe des "Tempels" (waldensische Benennung einer Kirche) geschehen. (Danach folgen die Namen von Pfarrer Theodoric Aubert von Avenche in der Schweiz; Jean Jordan, Schultheiß, Ältester und Collekteur usw. wie auf der Tafel zu lesen.)

Auf der zweiten Holztafel stehen die "Zehn Gebote", ebenfalls in französischer Sprache. (Die Gemeinde sollte sie vor Augen haben, weil sie für den Glauben und das Zusammenleben von unaufgebbarer Bedeutung sind!)

Nach reformierter Tradition gab es ursprünglich in der Waldenserkirche keine Bilder, ebenso kein Kruzifix auf dem Altar / Tisch... (Das bunte Glasfenster über der Männerempore zeigt Waldenser bei der "glorreichen Rückkehr" eines Teils von ihnen in Sibaud). Das Fenster an der Chorwand zeigt die Gethsemane-Szene. (Dieses Fenster gab es nicht von Anfang an in der Palmbacher Kirche, sondern entstand erst in Verbindung mit dem Bombenschaden vom 04. Dezember 1944).

Auf dem Dach der Kirche befand sich ein Dachreitertürmchen mit einem Glöcklein, das zu den Gottesdiensten läutete und als Betglocke diente. Eine Orgel gab es nicht, doch sang die Gemeinde auch ohne Orgel von Her­zen zum Lobe Gottes und zur eigenen Erbauung (anfangs waldensische Lieder und später die der evangelischen Kirche).

Lassen Sie mich hier ein kleines Erlebnis einflechten, das ich in den 70er-Jahren in Palmbach hatte: Ein Mann meldete sich eines Tages im Pfarrhaus, der aus dem nordhessischen Waldenserort Todenhausen kam. Während unseres Gesprächs erzählte er mir u.a., wie in seiner Heimat Waldenser Uneingeweihten gegenüber beschrieben werden. Man sage: "Die Waldenser sind Leute, die einen scharfen Blick haben und so laut singen.“ Dazu möchte ich nur soviel sagen, dass ich mich immer gefreut habe, wenn in den Gottesdiensten kräftig gesungen wurde."

Holztafel aus 1725Viele Jahre wurde der Gottesdienst in französischer Sprach gehalten. Als um die Wende zum 19. Jahrhundert die deutsche Sprache in Schule und Kirche verbindlich wurde, wehrte sich ein Teil der Palmbacher, vor allem ältere und traditionsbewusste Waldenser mit allen Kräften gegen eine sol­che Zumutung. Entsprechend die Äußerung eines Kirchenältesten von Wurmberg - Bärental (Lucerne), der davor warnte mit den Worten: "Wie schrecklich, wenn der HERR am Jüngsten Tag zur Auferstehung ruft mit den Worten: `Levez vous´ und unsere Kinder verstehen ihn nicht mehr!" Das Aufgeben der französischen Sprache wurde von nicht wenigen als Verrat an der Waldensersache verstanden.

Um dieselbe Zeit wurden "La Balme" und eine Reihe anderer Waldenserorte, die württembergisch waren, badisch (1806). Damit verbunden verlangte die badische Regierung die Einführung der deut­schen Sprache in Schule und Kirche. (Dies erlaubt Vergleiche mit der heutigen Situation von Migranten, die verpflichtet werden, die deutsche Sprache zu erlernen!)

Anlass dazu gaben die Schul- und Kircheninspektionen. Diese stellten fest: Die Kinder werden mit dem französischen Lesen geplagt, wovon sie kaum ein Wort verstehen. Selbst ihr Lesen ist erbärmlich genug. Indessen aber lesen sie erträglich deutsch!

Das 1725 erbaute Kirchlein mit seinem Türmchen machte immer mehr Reparaturen nötig. Bereits 1808, "La Balme" war gerade badisch geworden, befand es sich in einem dermaßen traurigen Zustand, dass sein Einsturz befürchtet werden musste. Um ein Unglück zu verhüten, beschloss der damalige Kirchengemeinderat das Läuten einzustellen. Schließlich wurde das alte Türmchen durch ein neues ersetzt. Als das Glöcklein 1832 einen Sprung bekam, beschloss die Gemeinde auf ihre Kosten das bisherige Glöcklein umgießen zu lassen und eine zweite Glocke anzuschaffen. Ebenso wurde eine neue Uhr angeschafft.

Zur Anschaffung einer Orgel kam es 1821 durch folgenden Umstand: Die Orgel der Grötzinger Kirche war abgängig geworden, und der Durlacher Orgelbauer Voigt erbot sich, die Grötzinger Orgel um den Preis von 150 Gulden nach Palmbach zu überführen und dort aufzustellen. Damit verbunden war die Errichtung einer Empore. In der Folge war alle zehn Jahre eine größere Reparatur an der Orgel erforderlich. 1892 wurde in der Kirche eine Heizung eingebaut, doch alle Aufwendungen, die zur Verbesserung und Verschönerung des Innern der Kirche eingesetzt wurden, änderten nicht das unansehnliche Äußere der Kirche, von der es in der "Geschichte der badischen Landeskirche" von Vierordt hieß: "Die Palmbacher Kirche sei eine der unschönsten Kirchen im ganzen Land."

Daher war bereits 1883 der Gedanke gefasst worden, anstelle des jetzigen Kirchleins einen Neubau ins Auge zu fassen. Daraufhin wurde der Grund zu einem Kirchenbaufonds gelegt, der um die Jahrhundertwende einen Stand von 14.782, 00 Mark erreicht hatte. Da die Gemeinde aber finanziell noch zu sehr belastet war, konnte der Kirche noch nicht in Angriff genommen werden.

Die 200- Jahrfeier der Gründung des Dorfes 1901 wurde zu einem großen und stolzen Ereignis, bei welchem auch der Großherzog und seine Gemahlin anwesend waren und viele Gäste aus anderen Waldenserorten. Dem damaligen Bürgermeister Johann Wilhelm Kräutler wurde der Entwurf eines Gemeindewappens für Palmbach überreicht, ebenso die Pläne für den Bau eines neuen Rat- und Schulhauses für die stetig wachsende Einwohnerschaft des Dorfes. Auch für den Bau einer neuen Kirche versprach das großherzogliche Paar Pfarrer Gustav Meerwein seine persönliche und großzügige Förderung und Unterstützung. Zum Bau der neuen Kirche kam es dann im Jahre 1906, vor (demnächst) 100 Jahren.


Unzählige Bittgänge und der unermüdliche Sammeleifer von Pfarrer Meerwein, der den Collekteuren von 1724/25 in nichts nachstand, schufen erst die finanzielle Grundlage zum Bau der schmucken neugotischen Kirche, die in we­gen Wochen 100 Jahre alt wird. Von Pfarrer Meerwein erzählte man sich folgende Anekdote:

"Wieder einmal war er auf der Rückkehr von einer Behörde zu seinem Landes­fürsten gegangen und hatte dort um eine Audienz gebeten. Da er nicht gleich vorgelassen wurde, ging er im Schlosspark spazieren.
Nach einer Weile sah der Fürst zufällig zum Fenster hinaus und fragte seinen Diener, wer der Mann dort im Park sei. - "Majestät", sagte der Diener, "das ist der Bettler von Palmbach." - "Mein Gott", sagte der Fürst: - "Lasst ihn heraufkommen, den bringen wir sonst überhaupt nicht mehr los."


Grundsteinlegung der evangelischen Kirche zu Palmbach - den 22. April 1906Plan Waldenserkirche 1906

Urkunde

"Am 22. April 1906, in dem Jahr, in welchem unser geliebter Landesfürst, Großherzog Friedrich von Baden, sein achtzigstes Lebensjahr vollendet und seine Goldene Hochzeitsfeier begeht, im 54. Jahr seiner reichgesegneten Regierung, im 18. Regierungsjahr Kaiser Wilhelms II. legen wir den Grundstein zu unserer neuen Kirche."

Die bisherige Kirche war im Jahre 1725 erbaut worden, nachdem der Ort Palmbach- damals "La Balme" - im Jahre 1701 von 28 Waldenserfamilien ge­gründet worden war, die um ihres Glaubens wegen aus ihrer Heimat Piemont vertrieben worden waren. Die bisherige Kirche war so baufällig geworden, dass der Bau der neuen Kirche notwendig wurde.

(Durch Gaben der Liebe von nah und fern, unter denen besonders Festgaben zur Jubelfeier des 200-jährigen Bestehens der Gemeinde seitens Ihrer kö­niglichen Hoheit des Großherzogs und der Großherzogin, Seiner königli­chen Hoheit des Erbgroßherzogs, Seiner Großherzoglichen Hoheit des Prinzen Karl, sowie auch von Herrn Schlosshauptmann von Offensandt-Berkholz zu nennen sind, durch die Fürsorge der evangelischen Oberkirchenbe­hörde, die uns Landeskollekte, Zuschüsse aus der Baukollekte und aus all­gemeinen Kirchenmitteln gewährte, durch Kirchenkollekten in der Diözese Durlach und anderen Nachbargemeinden, und durch die Opferwilligkeit der Gemeinde Palmbach selbst, hat unser Kirchenbaufonds eine Höhe von 45.000.- Mark erreicht")
(Dieser Textabschnitt kam im Vortrag nur pauschal vor.)

Der Bau der Kirche selbst ist auf 53.500,00 Mark veranschlagt, wird aber eine Bausumme von 56.000,00 Mark erfordern mit Einschluss von Inbau, Orgel, Glocken und Beleuchtung. Die fehlende Summe wird vom evangelischen "Pfarrhausbaufonds" dargeliehen werden. (Die Pläne zur neuen Kirche sind das Werk von Baurat Rudolf Burkhard in der evangelischen Kirchenbau-Inspektion Karlsruhe, deren Architekt Theodor Gasnbs die Bauleitung obliegt. Maurerpolier ist Wilhelm Christoph Krieger von Grötzingen; Bauunternehmer Philipp Krieger leistet mit Maurermeister Johann Wilhelm Ludwig von hier die Maurerarbeiten, Steinbruchbesitzer Wilhelm Jakob Raviol von hier fertigt die Steinmetzarbeiten; die Zimmererarbeiten sind Zimmermeister Wilhelm Roll von hier übergeben). - [Dieser Textabschnitt wurde im Vortrag gerafft ausgeführt.

- Die Gemeinde Palmbach zählt z. Zt. 391 Einwohner, darunter 190 männliche (6 Katholiken).
- Grund- und Häusersteuerkapitalien: 383.820,00 Mark.
- Bürgermeister ist Johann Wilhelm Kräutler,
- Ratschreiber Wilhelm Johann Löffler.

Im Jahre 1902 wurde ein neues Rathaus (mit Schule) errichtet. Da die alte Kirche abgebrochen wird, muss der Gottesdienst im Rathaussaal gehalten werden bis zum Herbst, wo, wie wir hoffen, die neue Kirche voll­endet sein wird. Es würde dann die Einweihung der Kirche zugleich die Feier der hundertjährigen Zugehörigkeit zum Großherzogtum Baden bilden.


In den Grundstein werden mit dieser Urkunde eingelegt:

  1. ein Erlass des Evangelischen Oberkirchenrats, worin er der Evangelischen Kirchengemeinde Palmbach zum Bau der neuen Kirche aus allgemeinen Kirchenmitteln 10.000,00 Mark bewilligte;
  2. ein Fünfmarkstück mit Bildnis Kaiser Wilhelms II., ein Zweimarkstück mit Bildnis von Großherzog Friedrich von Baden;
  3. die Festschrift zur Feier des 200- jährigen Bestehens der Gemeinde "Zion halte deine Treu!"
  4. "Freudenernte" Festbericht der obigen Jubelfeier
  5. verschiedene Zeitung

Möge Gottes Auge über dem Bau des neuen Kirchleins schützend und über den Bestand desselben segnend wachen; möge der Herr unserer Kirche dazu helfen, dass die evangelische Gemeinde Palmbach allezeit festhalte an dem evangelischen Glauben, für den die Vorfahren Gut und Blut geopfert haben, und dass im Kirchlein selbst die Predigt des Evangeliums immerdar nach dem Apostelwort verkündigt werde:

"Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus!"

A m e n.

Palmbach den 22. April 1905

Die geladenen Zeugen: Der evang. Kirchengemeinderat:

D. Joh. Reinmuth, Oberkirchenrat            Gustav Meerwein, Pfarrer
Georg Meyer, Dekan in Durlach               Johann Ludwig Piston
Friedr. Schweickert Pfr. in Graben            Johann Peter Jourdan
Baron Julius von Gemmingen                  Heinrich Kräutler
Wilel. Meerwein, Stadtrat, Marbach         Johann Ludwig Jourdan
Johann Wilhelm Kräutler, Bürgermeister
Wilhelm Johann Löffler, Ratschreiber
Karl Ludwig Gemeinderat
Christoph Bertsch, Gemeinderat
Ludwig Piston,  Gemeinderat
Johann David Löffler, Gemeinderat
Wilhelm Löffler, Gemeinderat
Leopold Mußgnug, Gemeinderat
Heinrich Obländer, Hauptlehrer
(Die Nennung der Namen wurde im Vortrag weggelassen.)


Die Einweihung der neuen Kirche in Palmbach am Sonntag, 28. Oktober 1906

Vormittags 11.00 Uhr: Festzug vom Rathaus zur Kirche

  1. Gesang der Gemeinde vor der Kirche: "Tut mir auf die schöne Pforte …" (1+2)

  2. Gesang der Gemeinde in der Kirche: "Lobe den Herren, den mächtigen König (1+2)

  3. Eingangsgebet: Dekan Meyer, Durlach

  4. Gesangverein Harmonie in Palmbach "Wo Gott der Herr das Haus gebaut..."

  5. Weiherede: Dekan Meyer, Durlach

  6. Weihegebet: Dekan Meyer, Durlach

  7. Gemeindegesang mit Orgelbegleitung und Geläute der neuen Glocken "Nun danket alle Gott ..." (1-3)

  8. Festpredigt des Ortsgeistlichen, Pfarrer Gustav Meerwein

  9. Gesang des evangelischen Kirchenchors Palmbach "Jauchzet Gott alle Lande, lobsinget zu Ehren seinem Namen!"

  10. Ansprache des Vertreters des Evang. Oberkirchenrats: Prälat D. Oehler

  11. Gemeindegesang: "Sei getreu bis an das Ende, dass nicht Marter, Angst und Not..."

  12. Begrüßungen von Vertretungen auswärtiger Waldensergemeinden

  13. Schlussgebet

  14. Gemeindegesang: "Wir wollen stets bei dir allein, Herr Jesus Christ verbleiben ..."

  15. Segen

Festessen im Rathaussaal (Gedeck zu 2 Mark 50 Pfennig ohne Wein)

(die Ordnung des Gottesdienstes zur Einweihung der Kirche wurde in meinem Vortrag nicht verlesen!)

Nachfeier am Sonntag, 28. Oktober 1906, 4 Uhr

  1. Gemeindegesang: "Einer ist 's an dem wir hangen, der für uns in den Tod gegangen..."

  2. Eingangsgebet und Ansprache

  3. Gesang der Schüler "Nun ist zu Gottes Ehre erbaut dies Heiligtum. Dem Herrn der Himmelsheere sei dafür Dank und Ruhm ..." (1-5)

  4. Vortrag über die Geschichte der Waldenser: Pfarrer Märkt, Hessigheim / Wttbg.

  5. Gemeindegesang: "Fahre fort, fahre fort! Zion fahre fort im Licht!

  6. Vortrag von Pfarrer Calvino in Lugano, Vertreter der Waldenserkirche

  7. Gesang des evangelischen Kirchenchors Palmbach "Vater, du im Himmelsraume höre deiner Kinder Flehn ..." ( 1-3)

  8. Schlussansprache und Gebet.

  9. Gemeindegesang: "Wie freu ich mich, Herr Jesu Christ, dass du der Erst und Letzte bist ..."

  10. Verkündigung der Festgaben, welche der neuen Kirche zugewendet wurden

  11. Segen

Beim Ausgang aus der Kirche wird eine Kollekte erhoben zum Besten der neuen Kirche; ein Teil wird den Glaubensgenossen in Italien und Österreich zufließen.
(Der Ablauf der Nachfeier wurde im Vortrag nur auszugsweise einbezogen.)


Erster und Zweiter Weltkrieg

Die zwei Weltkriege 1914 - 1918 und 1939 - 1945 haben auch in unseren Gemeinden schwere Opfer gefordert.

Davon sprechen die Einträge in den Kirchenbüchern eine ernste Sprache. Besonders der 2. Weltkrieg hatte schwere Folgen für die Pfarrgemeinde. So zerstörte ein Bombentreffer den Chor der Kirche. Das geschah am 4. Dezember 1944. Als der Chor in Trümmer fiel, fand auch unser verdienter Kirchenrechner, Gottlieb Reister, durch einen Bombeneinschlag den Tod.

Damals schrieb Pfarrer Hermann Zwecker:

Noch stehen wir diesen traurigen Erlebnissen aus dem 2. Weltkrieg zu nahe, um ausführlich darauf einzugehen, aber es ist eine Ehren­pflicht, derer zu gedenken, die im Kampf um die Heimat ihr Leben ließen: 33 Palmbacher Soldaten sind gefallen, 9 werden vermisst. In den Kämpfen im Palmbach am 07.04.1945 fanden 9 Soldaten den Tod. Sie ruhen auf dem Palmbacher Friedhof. - Gott gebe, dass den Nachkommen unserer Dörfer friedlichere Zeiten beschieden sind!

Doch Pfarrer Zwecker durfte auch anderes berichten:

In Palmbach wurde am 1. Advent 1949 die wiederhergestellte Kirche eingeweiht und am 22. Oktober 1950 in einem feierlichen Gottesdienst die neuen Glocken ihrer Bestimmung übergeben. Die Wiederherstellung der Kirche und die Anschaffung der (neuen) Glocken wurden der Gemeinde durch die tatkräftige Hilfe eines gebürtigen Palmbachers und Waldensernachkomme, Walter Tron (aus Haßfurt am Main) erleichtert.
Glaube, Hoffnung, Liebe und Treue sollen unsere Glocken ins Land rufen. Waldenser und Nichtwaldenser werden unter ihren Klängen getauft, konfirmiert, getraut, begraben und zu Gottes Haus geladen.
Hören wir doch ihren Ruf und die Mahnung ihrer Inschriften:
"Bleibet fest in der Liebe", ruft die Tagesglocke;
"Lux lucet in Tenebris" - das Licht leuchtet in der Finsternis - tröstet die Betglocke;
und die Glocke der Väter mahnt uns alle mit dem Wort des Josua Janavel:
"Nichts sei starker als euer Glaube!"


Der Wetterhahn der Palmbacher Kirche - sein Ende und sein Wiedererstehen

Neuer Wetterhahn auf dem Kirchturm PalmbachEs war in einer Oktobernacht des Jahres 1981, dass ein heftiger Herbststurm die Eisenstange knickte, an welcher der Wetterhahn auf der Palmbacher Kirchturmspitze befestigt war. Damals fiel uns auf, wie Passanten auf der Henri- Arnaud- Strasse in die Höhe schauten. Als ich fragte, was es zu sehen gäbe, machten mich die Leute auf den Wetterhahn aufmerksam, der kopfüber in die Tiefe sah. Sogleich machte ich mich mit der Ortsverwaltung in Grünwettersbach in Verbindung, die veranlasste, dass die Henri- Arnaud- Strasse im Bereich der Kirche für den Durchgang und die Durchfahrt gesperrt wurde. Nicht auszudenken, was hätte geschehen können, wenn der kaputte Wetter­hahn bei einem Windstoss herabgestürzt wäre und jemanden getroffen hätte.

Inzwischen war auch die Karlsruher Feuerwehr verständigt worden, die mit einer großen Drehleiter anrückte. Leider war diese zu kurz, sodass die Karlsruher Wehr nichts ausrichten konnte. Die Feuerwehrleute sagten uns aber, dass die Ettlinger Wehr über eine längere Leiter verfüge. Die Ettlinger Wehr ließ ebenfalls nicht lange auf sich warten und rückte an, und hätte den verunglückten Wetterhahn im Nun geborgen, wenn der Wind nicht gewesen wäre. So mussten sie unverrichteter Dinge wieder zurückfahren, versprachen aber bei günstigerem Wetter sofort wieder zu kommen. Als nach wenigen Tagen Windstille eintrat, war der Wetterhahn im Handum­drehen geborgen! Herzlichen Dank an die Ettlinger Wehr!

In die nun folgende wetterhahnlose Zeit fiel nun gerade auch unser Weggang aus Palmbach in die neue Gemeinde Kürnbach, Kirchenbezirk Bretten. "Was macht eigentlich unser Wetterhahn?" - Diese Frage war berechtigt, denn die gocklerlose Zeit dauerte nun schon 1 1/2 Jahre. Unangetastet lagen seine Reste in einer Werkstatt. Zunächst war die Reparatur versprochen worden, dann aber wieder abgesagt.

Eines Tages sagte meine Frau zu mir (so unser einstiges Gemeindeglied Dipl. Ing. Fritz Heß): "Du bist doch Ingenieur usw. ...  Und schon hatte ich meine Aufgabe für die nächste Zeit ..." Zu den Einzelheiten nur dies: Es sind viel mehr Überlegungen und Vorbe­reitungen nötig als man vorher denkt. So musste z.B. die Turmspitze genau vermessen werden, damit das neue Mit­telteil darüber geschoben werden kann - und auch passt. Fritz Heß, Dipl.- Maschinenbau- Ingenieur, übernahm die Aufgabe, einen neuen Hahn, in der Form originalgetreu, nach den alten aufgefundenen Zeichnungen anzufertigen. Nach einjähriger Arbeit, mit Unterbrechungen, war das Werk bis auf das schwierige Aufsetzen auf die Turmspitze im Frühjahr 1984 vollendet. Aus Gründen des Denkmalschutzes mussten die alten Umrisse kopiert wer­den.

Mit nochmaliger Hilfe der Ettlinger Wehr wurde schließlich der aus Edelstahl gefertigte Wetterhahn, der in einem Pforzheimer Werk mit einer Gold­auflage überzogen worden war, durch Dipl.-Ing. Fritz Heß auf der vorbereiteten Turmspitze installiert. Aus sicherer Entfernung wurde dieses nichtalltägliche Schauspiel von vielen Zuschauern verfolgt, und nicht nur Fritz Heß und dessen untenstehende, ängstlich nach oben blickende Frau, Hertha Heß, waren froh, als die schüt­zende Hülle um den Wetterhahn abgenommen werden konnte, und der neue Hahn in der fahlen Sonne dieses Herbsttages hell erglänzte. Dies alles bedenkend sei unserem einstigen Gemeindeglied Fritz Heß für all sein Tun nochmals herzlich gedankt. Ich bin ebenso dankbar, ihn gekannt zu haben. Sie, liebe Frau Heß, werden, so oft Sie zur Kirchturmspitze aufschauen, an Ihren lieben Mann erinnert werden. Wie ich erfahren habe, existiert der alte Wetterhahn noch und befindet sich im verdienten Altenteil.

Während meiner Zeit in Kürnbach kam es Ende der 70er-Jahre zu dringlichen Arbeiten an der Kirche besonders des Turmes: Nachziehen ausgewa­schener Mauerfugen, Auswechseln schadhafter Sandsteinprofile, Überar­beitung der Schiefereindeckung des Turms etc. Auch Pfarrer Hans-Jürgen Herrmann hatte mit Restaurierungsarbeiten der Kirche zu tun, die recht gründlich durchgeführt wurden. Ferner kam es zum Bau des Gemeindehauses mit Übergang zur Kirche/Sakri­stei, womit ein langer Notstand endete. Die Baulichkeiten der Waldenserpfarrei Palmbach-Stupferich, wozu auch das das Gemeindezentrum in Stupferich gehört, zeigen sich im Jubiläums­jahr der Palmbacher Waldenserkirche in einem erfreulichen Zustand, wo­für die Gemeinde danken kann.

 

Gott möge Segen durch sie wirken und die Gemeinde zu weiterem treuen Ge­brauch anregen; Gott zu Lob und Preis!

Ich danke Ihnen für Ihr langes Ausharren und Zuhören!

Pfarrer i. R. Bertold Augenstein